Die Masse und der Geisterfahrer

Das Sprichwort „ein Geisterfahrer sieht tausende von Geisterfahrer“ erscheint auf dem ersten Blick logisch bzw. doof im Sinne für den Geisterfahrer. Doch man kann auch mit einer diversifizierten Sichtweise mit der „Psychologie der Masse“ das Sprichwort im wahrsten Sinne auf den Kopf stellen. Deshalb ist es immer wichtig, dass man die eigene Wahrnehmung nutzt und nicht ausschließlich auf den Stolperstein einer möglichen Gruppe von Geisterfahrern hereinfällt.

Hinterfragen wurde in vielen Ländern auf der Welt systematisch abtrainiert. Die V-erziehung beginnt spätestens im Kindergarten oder in der Schule. Man ist vermeintlich gut, wenn man gut auswendig lernt. Doch dies ist ein fataler Fehler, dessen Fehltritt bereits viele Eltern bei ihren Kleinkindern zum irrtümlichen Schutz betreiben. Schutz kann mit Aufmerksamkeit sehr hilfreich sein – aber aus einem anderen Blickwinkel auch das Zeichen von Angst sein.

Es entstehen sehr schnell Mißverständnisse, weil man die Sprache und somit auch Sätze unterschiedlich wahrnehmen kann. Ein paar Beispiele, um das Thema „Geisterfahrer“ zu untermauern.

  • man kann sich auf jemanden verlassen – oder man kann verlassen werden
  • man kann einen Geldschein als wertvoll sehen – oder es ist nur ein Schein, dass es Geld sei
  • sinnvoll ist die Frage welches Ziel man verfolgt – also aus Sicht von Habeck ist es sinnvoll die deutsche Wirtschaft in den Ruin zu bringen, dagegen ist es für ein Unternehmer sinnvoll die Atomkraft nicht abzuschalten
  • man kann sich ein Bild geistig ausmalen, aber ein Kind würde sofort den Stift nehmen und das Bild physisch ausmalen

Die Liste von Beispielen ist unendlich und soll lediglich zum Selbst-Denken animieren, wieso die täglichen Mißverständnisse aufgrund paralleler Wahrnehmungsstrukturen sehr weit verbreitet sind. Übrigens kann man diese Wahrnehmungsstrukturen in beinahe allen Lebensbereichen erkennen. So kann man Obdachlosen als faul oder unfähig bezeichnen, oder man kann es als Seelenweg in einer Entwicklung betrachten.

Beim Thema Finanzen und Vermögen ist es ähnlich. Während das eine Lager vollständig auf individuelles Wachstum seines Vermögensaufbaus setzt, gibt es in anderen Strukturen ein Family & Friends Konzept. Dabei vertraut der Individual-Investor an die staatlichen Strukturen (Geld- Währungssystem, ehrliches Recht) und übergibt die Verantwortung an den Staat. In der „Family & Friends“ Struktur traut man primär in das eigene Umfeld. Ähnlich kann man es als Rente sehen: der eine zahlt in ein Rentensystem ein und der andere finanziert lieber seine Kinder, Neffen und Nichten in der Entwicklung durch, und erhält danach seinen natürlichen Austausch.

Die westlichen Industriestaaten versuchen so früh wie möglich den Nachwuchs an die staatlichen Strukturen zu binden. Eva Herman drückt es interessant aus: Die Bindung wurde in Bildung gewandelt. Das bestehende Finanzsystem kann nur mit Konsum funktionieren, in welchem bei jedem Umsatz ein Tropfen aus der Finanz-System-Pipeline in die Kassen des staatlichen „Eltern-Ersatz-System“ plumpst. Dadurch wird das künstliche „Eltern-Ersatz-System“ immer mehr gefüttert und braucht aufgrund der großen Herberge natürlich auch entsprechend mehr Futter. Eine künstliche Mutterbrust, die auf den ersten Blick sehr angenehm erscheint. Doch auf den zweiten Blick ist es künstlich und somit wird am Ende niemand eine Verantwortung haben, wenn es Löcher in der Hängematte gibt.

Das Ergebnis künstlicher Systeme ist ganz einfach: je höher man in einer künstlichen Hängematte lebt, desto härter wird der Aufschlag. Deshalb lohnt sich die Besprechung, ob man nicht lieber auch auf die natürlichen und familiären / freundschaftlichen Strukturen „setzt“, weil es dort den ein oder anderen gibt, der die Löcher in der Hängematte erkennt und entsprechend frühzeitig repariert.

Ein philosophischer Ansatz, der sich auch als Investor lohnt, einmal genauer zu Überdenken.

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Rainer Hahn

Rainer Hahn ist im Cambridge-Club als Geheimrat primär für die volkswirtschaftlichen Entwicklungen innerhalb des Finanzsystems spezialisiert. In seinem Buch (zusammen mit Andreas Lambrou aus dem Jahr 2003) „Investieren in Asien“ hat Hahn die Phasen- oder Zyklentheorie von Dr. Marc Faber optimiert und das Top-Down Modell mitentwickelt.

Hahns Ansatz ist konservativ / langfristig mit dem Fokus auf das „Big Picture“. Denn die großen Entwicklung laufen für gewöhnlich mit einer bestimmten Verzögerung. Die Verzögerungs-Theorie sieht man insbesondere in der Zins- und Inflationsentwicklung, die nach zentralbank-politischen Entscheidungen immer mit einer Zeitraffer von 6-12 Monaten in der Realwirtschaft zu sehen ist.

Nach 23 Jahren mit Hauptwohnsitz in Südostasien und Gründer vom ehemals führenden News-Portal für die Emerging Markets im deutschsprachigen Raum, verfügt Rainer Hahn nicht nur über ein exzellentes Netzwerk sondern auch einen sehr langen Erfahrungsschatz. Diesen Schatz teil Rainer Hahn im Cambridge-Club Netzwerk als Geheimratsmitglied und steht als Netzwerker auch der Community für Rat und Tat zur Seite.