In unserer Interview-Reihe mit den Top-Finanzexperten legen wir heute mit dem Finanz- und Kryptospezialist Sascha Huber nach. www.schlag-die-boerse.com präsentiert in Kooperation mit www.worldinchange.info bis zum Jahreswechsel regelmäßig die Einschätzungen aus der deutschen Finanzszene.
Über den Interviewpartner:
Sascha Huber, Jahrgang 1978, gilt als profunder Kenner der Hightechbranche. So erkannte er als einer der Ersten das große Potenzial von Aktien wie Apple, Amazon sowie zuletzt Netflix oder Tesla. Zudem ist einer der besten Experten für Kryptowährungen im deutschsprachigen Raum. Seit November 2017 betreut er den Trading-Service „Technologie-Aktien und Krypto Trading-Service“, kurz: TAK (zuvor: „Krypto Trader“) auf Guidants. Außerdem managt er inzwischen sieben börsennotierte wikifolio-Zertifikate, darunter das sehr erfolgreiche „Stockpicking Worldwide“ (WKN: LS9BDF).
1. Die Inflation wird laut Bundesbank rund 6% erreichen. Ist es nach Ihrer Meinung nur temporär, wie es die Europäische Zentralbank (EZB) bezeichnet, oder kommt da noch eine stärkere Welle auf Europa zu?
Sascha Huber:
„Aktuell ist die Inflationsrate sehr hoch, das stimmt. Dies ist jedoch auf drei Faktoren zurückzuführen, auf die die Notenbanken mit ihrer Geldpolitik wenig Einfluss nehmen können. Zum einen handelt es sich um einen Basiseffekt aufgrund einer deflationären Phase, die die Covid-19-Pandemie verursacht hatte. Zum zweiten gab es, beispielsweise in Deutschland, Steuersenkungen (Mehrwertsteuer!), die inzwischen ausgelaufen sind und damit die Preisentwicklung etwas befeuern. Zum dritten hat die Pandemie die Lieferketten, insbesondere bezüglich der Produktion in Asien (China) gestört. Dadurch kam es zu einer kurzfristigen Angebotsverknappung, die die Preise ebenfalls antrieb.
Gefährlich werden könnte diese Inflation nur dann, wenn es darauf aufbauend zu einer Lohn-Preis-Spirale käme. Dies ist derzeit jedoch noch nicht in Sicht. Daher müssen die Notenbanken sehr gut aufpassen. Denn einerseits müssen sie die Inflation, sollte sie sich doch nicht als vorübergehend erweisen, rechtzeitig bekämpfen. Andererseits dürfen sie aber auch nicht zu schnell zu viel tun.
Denn eine Wiederherstellung der Lieferketten dürfte zu einer starken Angebotsausweitung von Waren führen. Bremsen dann zugleich die Notenbanken zu stark, könnte aus der aktuellen Inflations- sehr schnelle eine reale Deflationsgefahr werden.
Eigentlich bin ich kein großer Fan der EZB. Einerseits, weil die Politik ihr die Aufgabe einer Quadratur des Kreises gegeben hat, der sie niemals gerecht werden kann. Andererseits, weil die aktuelle EZB-Chefin meines Erachtens keine Idealbesetzung ist. Aktuell aber erscheint mir die ruhige Hand der EZB in Sachen Inflation durchaus angemessen zu sein.
Die Fed, die sich „behind the curve“ befindet, versucht derzeit nämlich eher mit aller Gewalt wieder in den Driver’s Seat zurückzukehren. Dabei muss der Offenmarktausschuss der US-Notenbank sehr gut aufpassen. Denn nachdem man zu lange nichts gemacht hat, darf man jetzt nicht die Brechstange rausholen. Sonst fliegt uns der Laden um die Ohren.“
2. In den USA sieht es keineswegs besser aus und auch dort gibt es mit der Niedrigzinspolitik durch die Federal Reserve (FED) starke Parallelen zur EZB. Müssen die Zentralbanken im Jahr 2022 reagieren und ggf. die Zinsen anheben, um die Märkte nicht völlig aus dem Gleichgewicht fallen zu lassen?
Sascha Huber:
„Die Fed hat ja bereits begonnen auf die hohe Inflation zu reagieren. So wird man das Tapering beschleunigen und wohl Ende März anstatt Ende Juni mit den Anleihekäufen durch sein. Anschließend drohen mehrere Zinserhöhungen.
Ich befürchte aktuell eher, dass der Offenmarktausschuss der Fed dabei zu rigoros vorgeht. Das könnte in der Tat zu einem kleinen „Crash“ führen. Klein, weil ich mir nicht vorstellen kann, dass die Fed ihren Plan am Ende vollumfänglich durchziehen können wird. Täte sie dies, würde es sogar ein großer werden.”
3. Die Vermögensblase ist offensichtlich und die Realwirtschaft leidet durch die Corona-Maßnahmen, Lieferketten-Probleme, explodierende Rohstoffpreise, Klimawandel und Energiekosten. Was geschieht 2022, wenn die aufzeigten Krisen alle zusammenkommen?
Sascha Huber:
„Bei Asterix gibt es den Majestix, der immer befürchtet, dass ihm der Himmel auf den Kopf fallen wird. Diese Befürchtung höre ich von zahlreichen Crashpropheten seit Jahren. Ich gebe zu, dass die Crashpropheten hin und wieder Recht bekamen. So gab es das Platzen der „Dotcom Bubble“ anno 2000, die Finanzkrise von 2007 bis 2009 sowie den „Corona Crash“ ab März 2020. Letztlich aber hat die Börse all diese Dinge überstanden.
Ich denke nicht, dass im Jahr 2022 alles Negative auf einmal auf den Markt einprasseln wird. Sollte dem doch so sein, könnte es natürlich ungemütlich werden. Ich bin aktuell zwar kurzfristig, aufgrund der meines Erachtens falschen Geldpolitik der Fed, etwas pessimistisch gestimmt. Ich würde aber die Korrektur, die die Fed verursacht, tendenziell kaufen.“
4. Geopolitisch geht es weltweit heiß her. Europa vs. Russland, USD vs. China, China vs. Taiwan und zudem nimmt es den Anschein, als würden aktuell eine Reihe von Politikern bzw. Regierungen in Europa und eventuell auch in Amerika ausgetauscht. Kann es zu einem globalen Konflikt kommen?
Sascha Huber:
„Kein Geringerer als Albert Einstein sagte: „Der Dritte Weltkrieg wird mit Atomwaffen geführt, der Vierte Weltkrieg dann wieder mit Fäusten, Steinen und Stöcken“. Ich denke nicht, dass man 2022 mit dem Dritten Weltkrieg rechnen kann und sollte.
Schaue ich mir aktuell die neue deutsche Bundesregierung („Ampelkoalition“) an, wäre ein Tausch dieser Regierung eher von Vorteil. Wahrscheinlich möchte diese Regierung Cannabis nur deshalb legalisieren, weil man sich zu dröhnen muss, um diese Regierung zu ertragen. Aber gewählt ist gewählt und jedes Land bekommt am Ende somit die Regierung, die es verdient. Außer Nordkorea. Die haben leider keine Wahl.“
5. Welche Ideen geben Sie unseren Lesern, wie man sich für 2022 vorbereiten kann?
Sascha Huber:
„Ich bin da eigentlich recht zuversichtlich. Denn meines Erachtens ist die Covid-19-Pandemie nun endlich endgültig vorbei. In Deutschland müsste das nur noch jemand Herrn Lauterbach erklären.
Das Ende der Pandemie ist zwar generell gut. Allerdings nicht unbedingt für die Börse. Denn die Zeit des ganz billigen Geldes, der Null- und Negativzinsen, dürfte damit teilweise vorbei sein. Nein, die Zinsen werden nun nicht explodieren. Aber drei Zinserhöhungen der Fed in 2022 wären durchaus möglich. Damit läge der Leitzins in den USA wieder bei 0,75%.
Zwar sehe ich dadurch keinen Crash am Aktienmarkt, sehr wohl aber eine deutliche Korrektur. Ebenfalls korrigieren, nur deutlich härter, könnten die Kryptowährungen. 2022 dürfte letztlich unter dem Motto „Leave Growth, Go Back To Value“ stehen. Daher sollten Anleger bei Growth-Aktien aus dem Hightechsektor sowie Kryptos tendenziell (Teil)Gewinne realisieren und defensive Value-Werte bevorzugen!“
Vielen Dank für Ihre Zeit und die interessante Analyse!