www.schlag-die-boerse.com hat in Kooperation mit www.worldinchange.info eine Interview-Reihe mit den bekanntesten Börsen-Experten durchgeführt. Alle Profis haben dieselben Fragen erhalten und gibt uns ein tolles Bild zur Erwartung 2022.
Über den Interviewpartner:
Peter Becker, 37 Jahre alt und seit 10 Jahren an der Börse aktiv. Der Schwerpunkt liegt auf den US Equity Futures und der Macroview. Die neue Leidenschaft sind Krypos. Er ist ebenfalls Aufssichtsratsvorsitzender einer Genossenschaft, die sich auf die Entwicklung von Web3 Content spezialisiert hat.
1. Die Inflation wird laut Bundesbank rund 6% erreichen. Ist es nach Ihrer Meinung nur temporär, wie es die Europäische Zentralbank (EZB) bezeichnet, oder kommt da noch eine stärkere Welle auf Europa zu?
Peter Becker:
„Ich habe schon Anfang 2021 gesagt das es eine Inflation geben wird, dies wurde auch im Interview mit Marc Friedrich besprochen. Es ist nicht möglich die Geldmenge M0 und M1 exponentiell zu erhöhen ohne einen Nachteiligen Effekt in Form einer Inflation zu erzeugen. Die Zentralbanken stehen mit dem Rücken zur Wand und geben mittlerweile, wenn auch nicht offen, zu das sie die Kontrolle verloren haben über dieses Geldpolitische Experiment. Die einfache Formel ist immer Geldmenge * Umlaufgeschwindigkeit / reale Produktion. Es kann sich jeder selbst zusammen zählen was wir in der Zeit der Lockdowns gemacht haben mit der Umlaufgeschwindigkeit und der realen Produktion. Wenn diese angestaute Geldmenge auf verknappte Güter trifft entsteht automatisch eine Inflation. Das weitere Vorgehen entscheidet ob sie temporär ist oder länger anhaltend. Ich sehe kein Ende in den nächsten Quartalen und die ersten Probleme sieht man bereits bei einigen Produkten wie Aluminium. Der Energiesektor ist ein Desaster und wird auch zunehmend zum Problem.“
2. In den USA sieht es keineswegs besser aus und auch dort gibt es mit der Niedrigzinspolitik durch die Federal Reserve (FED) starke Parallelen zur EBZ. Müssen die Zentralbanken im Jahr 2022 reagieren und ggf. die Zinsen anheben, um die Märkte nicht völlig aus dem Gleichgewicht fallen zu lassen?
Peter Becker:
„Die FED ist der EZB Schritte voraus. Die Ankündigung das man 2022 die Zinsen anhaben möchte ist ein Zeichen. Die Geldmenge wird dadurch reduziert, allerdings erhöht das weitere Risiken bezüglich Krediten oder Margin Trades. Die Margin Debt für den SuP 500 Index beträgt knapp 500 Billionen Dollar und korreliert mit dem Aufwärtstrend. Es ist ein heikles Spiel was seit 2008 getrieben wird und speziell seit März 2020.“
3. Die Vermögensblase ist offensichtlich und die Realwirtschaft leidet durch die Corona-Maßnahmen, Lieferketten-Probleme, explodierende Rohstoffpreise, Klimawandel und Energiekosten. Was geschieht 2022, wenn die aufzeigten Krisen alle zusammenkommen?
Peter Becker:
„Das ist schwer zu sagen. Es ist aktuell so, dass wir zwar erste Anzeichen sehen aber es noch nicht vollkommen eingepreist wurde. Wenn sich die hohe Energie und Rohstoffpreise niedergeschlagen haben wird eine Teuerung bei Produkten des täglichen Bedarfs von 30% und mehr die Regel sein, ohne Energie. Es ist durchaus denkbar das dies zu einem totalen Stopp führen kann der einem Ice9 Szenario gleicht kommt. Ich bin kein Crash Prophet oder Schwarzmaler, jedoch ist was wir auf dem Energiesektor sehen der blanke Wahnsinn. Die Megawatt Stunde an der deutschen Strombörse benötigt mittlerweile, Stand Dezember 2021, eine Margin von 900.000€.“
4. Geopolitisch geht es weltweit heiß her. Europa vs. Russland, USD vs. China, China vs. Taiwan und zudem nimmt es den Anschein, als würden aktuell eine Reihe von Politikern bzw. Regierungen in Europa und eventuell auch in Amerika ausgetauscht. Kann es zu einem globalen Konflikt kommen?
Peter Becker:
„Es ist durchaus denkbar, dass wir sowas erleben werden. Es ist immer die Frage „wer“ anfängt und wie die „anderen“ reagieren. Die aktuell größte Gefahr sehe ich in Russland und der Ukraine. Das Handeln der neuen Regierung in Deutschland ist eine Katastrophe Außenpolitisch und wird sicherlich nicht zu einer Entspannung beitragen, eher das Gegenteil wird der Fall sein. Das beste Beispiel ist Northstream 2 und die Jamal Pipeline, welche uns mit russischem Gas versorgt. Diese Lieferung kommt fast zum Erliegen, somit sind wir auf US Gas angewiesen welches von LNG Tankern geliefert wird. Es ist sinnbildlich die Kavallerie aus den USA die uns „Retter“.“
5. Welche Ideen geben Sie unseren Lesern, wie man sich für 2022 vorbereiten kann?
Peter Becker:
„Ich würde mich auf eine stellenweise hohe Volatilität einstellen sowie auf heftige Korrekturen, gerade in den Equity Märkten wie SuP 500 und auch FDAX. Es kann hier möglicherweise zu Handelspausen führen und enormen Margin Erhöhungen. Eine Investition in ein Basket mit Gas und Strom ist sicherlich keine schlechte Idee, ebenso Gold und Silber. Wer es sich zutraut kann auch alternative Assets erwerben wie BitCoin oder Etherium. Eine Anmerkung zum Schluss ist: Auf hohe Vola, folgt hohe Vola. Es ist also mit einem Tag nicht getan.“
Vielen Dank für Ihre Zeit und die interessante Analyse!