Hohe Forderungen in Zeiten hoher Verschuldung

Einzelne Menschen fragen sich zurecht, wie Gewinne in realwirtschaftlichen Krisenzeiten trotzdem enorm steigen können. Ich nehme hier die Bankenbranche ins Visier und erkläre die legale Wahrheitsverzerrung. Bei der Kreditvergabe erhält die Bank eine Forderung inklusive dem vereinbarten Zinssatz. Solange diese Kredite als „rückzahlbar“ gelten, entsteht in der Bilanz keine Verwerfung.

Doch wie lange kann eine Bank selbst klare als „Faule Kredite“ definierten Ausfälle in der Bilanz halten? Prinzipiell unendlich, solange das Kapital für die Vergabe neuer Kredite vorhanden ist. Mittlerweile verfügen die großen Konzerne über eigene Banklizenzen und können sich somit zumindest zu einem bestimmten Teil dieser Methoden bedienen. Es geht aber nicht unendlich. Es wurde – wie im Jahr 2008 – eine Blase aufgepumpt, die durch einen berühmten „Schwarzen Schwan“ platzen kann (wird).

Die Verzweigung zwischen Konzernen und Großbanken ist riesig. So kann ein chinesischer Immobilienriese wie Evergrande durchaus eine globale Finanzkrise auslösen. Lehman Brothers war gegenüber Evergrande ein „Pups“. Immer noch versucht der Immobilienriese aus China seine Gläubiger im Zaum zu halten. Doch ehrlich gesagt: was hinter den Kulissen mit der Regierung zur Stabilisierung des Finanzmarktes gesprochen und verhandelt wird, können wir uns kaum ausmalen.

Ein wichtiger Aspekt beim Thema Banken und Forderungen sind auch die Großkonzerne aus allen Industrien, wo mittlerweile Banklizenzen vorhanden sind. Egal, ob es die Volkswagen Bank oder Mercedes Bank oder selbst Boing Bank sind: alle diese Konzerne können durch selbst erstellte Leasingverträge sogenannte Forderungen konzernintern aufbauen, die in den finalen Bilanzen kaum auftauchen, weil dort die konsolidierten Ergebnisse der Konzerntöchter nicht aufgedröselt werden.

Somit ist es also nahezu unmöglich eine Konzernbilanz fachmännisch auszuwerten. Konzerne mit über 100 Tochtergesellschaften, würden eine ganze Mannschaft von Analysten und Wirtschaftsprüfern erfordern, um auf ein wirkliches Ziel zu kommen. Dass dies kaum möglich ist, zeigten jüngste Beispiele wie bei Wirecard oder auch andere Skandale wie Enron in den USA.

Wenn man sich also mit Aktien oder Unternehmensbeteiligung beschäftigt, sollte die Position „Forderungen“ ganz genau beachtet werden. Nur alleine mit dieser Position kann man einen wichtigen Posten um die wirkliche Situation eines Unternehmens feststellen.

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Rainer Hahn

Rainer Hahn ist Chefredakteur von www.swissmonday.de. Mit seinem im Jahr 2005 veröffentlichtem Buch „Investieren in Asien“ und Mitgründer der Börsenpublikation „Tiger&Dragon“ und EMFIS.com war er maßgeblich an der Informationsgestaltung und Aufklärung der Emerging Markets im deutschsprachigen Raum beteiligt. Seine Expertise war bei zahlreichen Medien als Interview-Partner zum Beispiel beim Handelsblatt und DAF gefragt. EMFIS.com wurde außerdem durch die regelmäßigen Auftritte bei N-TV und der 3-SAT-Börse bekannt.

Im Anlageausschuss war Rainer Hahn bei einigen Finanzprodukten wie dem Asien Umwelt Index der Deutschen Bank und dem China Equity 2008 der ABN Bank in der Schweiz. Außerdem hat Rainer Hahn für eine Reihe von Investmentbanken Markt- und Unternehmensanalysen geschrieben.