Ethereum am Scheideweg:

Gretchenfrage an Vitali: Wie hältst Du es mit der Religion?

Anders als Bitcoin ist eine Art „Mutlifunktionsarbeitspferd“ der Blockchain Technologie und von Anfang an so ausgerichtet, als eine Art Weltinternet den neuen Standard des Internets, das Web3 zu etablieren. Es ging um Weiterentwicklung des Internets unter den Maximen der Demokratie, der Transparenz und dezentraler Leitung. Etliche Anwendungen wie Token sind schon gerade auf dieser Blockchain aufgesetzt und Ethereum hat immer noch den führenden Platz inne.

Wenn da nicht die Probleme der Energie beim Programmieren, der Gasverbrennung der Ether durch Transaktionsgebühren und der mangelnden Geschwindigkeit wären. Hier soll die Änderung des Grundkonsenses im Netzwerk, dem Protokoll, Abhilfe geschaffen werden. Diese war sogar von Anfang an als Möglichkeit der Weiterentwicklung im Protokoll ermöglicht worden. Es geht u,a. um die Umstellung von „Proof of Work“ auf „Proof of Stake“.

Bisher ist für das Arbeiten am Projekt wie auch bei Bitcoin eine Belohnung fällig, die (noch) als Proof of Work (Arbeitsnachweis) den Ether als den Coin schürfen lässt. Nur ist das Prinzip Proof of Work zwar sehr sicher, weil es einfach unglaublich viel Aufwands bedarf, um zu betrügen, aber eben auch sehr energieverschwendend.

Daher ist im laufenden Jahr die Änderung des Grundkonsenses eine sogenannte „hard Fork“ geplant, also im Grunde eine Änderung der Basis der Zusammenarbeit, des Protokolls.

Es soll auf das Prinzip des „Proof of Stake“ umgewandelt werden. Hier wird nicht wie bisher die Leistung für das Projekt, sondern der Einsatz von Coins für das Netzwerk honoriert. Die Coins werden hinterlegt und sind der Nutzung des Inhabers entzogen. Dafür gibt es dann als Belohnung wieder Ether-Coins, Man lässt also arbeiten. Damit werden sicher die oben genannten Probleme wie der immense Energieverbrauch gelöst aber dafür neue geschaffen, mutmaßen nicht wenige.

Denn was nun die Umwelt jubeln lässt, weil der hohe Energiebedarf wegfällt, lässt die Regulierungsbehörden weltweit und besonders in Deutschland natürlich aufhorchen und gerade hier die Steuerverwaltung frohlocken: Aus dem „Programmier- Nerd“ des alten „Proof of Work“ Systems wird plötzlich ein Privatier, der nur noch seine Rechnerkapazitäten und Rechte dem System „Proof of Stake“ zur Verfügung stellt und somit für sich arbeiten lässt. Dafür kassiert der nunmehrige Investor oder auch Kapitalist dann die dicke Kohle (die ja dann nicht mehr für den Strom für das Erstellen neuer Blöcke verbrannt und verstromt werden muss).

Aus dem Nerd ist also ein Lord geworden und aus Ethereum als Weltrettungsmaschine eine Vermögensanlage.

Diese nun wird möglicherweise ganz anders reguliert nämlich als Investment.  Investoren werden je nach Steuersystem oft viel aggressiver und höher besteuert. Das wiederum könnte Investoren, die an den Krypto Börsen Ether halten, abschrecken. 

Kurspflege sieht anders aus, nämlich genau umgekehrt. Die nahliegende Befürchtung eines dauerhaften Kursverfalls könnte ein Grund dafür sein, dass sich das Ethereum 2.0 Projekt deutlich verzögern wird. Schließlich möchten die sogenannten Wale und andere Investierte die Börsengewinne ja auch gerne retten und nicht in etwa Schönheit sterben. Das ist völlig normal

Gestartet war man aber mit anderen Maximen als die der Profitmaximierung und dem Erhalt des Gewonnenen. Siehe oben. Es stellt sich also für Ethereum in den nächsten Monaten tatsächlich die Gretchenfrage an den Schöpfer Vitalik Buterin: Wie hältst Du es mit der Religion?

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Andreas Karger

Andreas Karger, Rechtsanwalt und Consultant, bespricht auf World-in-Change wichtige Themen über rechtliche Ereignisse auf politischer Ebene. Im Bereich Firmenumstrukturierungen ist Herr Karger seit vielen Jahren ein gerngesehener Consultant auch auf internationaler Ebene.
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